Schon seit einiger Zeit hört man immer mal wieder von „interkulturellen Fachkräften“ in der Villa. „Wie bitte, von was?“ denkt ihr? Genau! Und deshalb ist das wichtige Thema auch ein Artikel wert. Glücklicherweise standen mir auch beide Fachkräfte, Agnes aus der Schmetterlingsgruppe und Jenny aus der Bärengruppe, geduldig Rede und Antwort. Aber lösen wir einmal das Rätsel in dem folgenden Interview auf.
Yordanos:
Könnt ihr unseren Lesern und mir bitte zunächst einmal erläutern, was eine interkulturelle Fachkraft überhaupt ist.
Agnes/Jenny (lächelnd):
Du bist nicht die Erste, die das fragt! Im Grunde genommen geht es darum, alle Kinder – unabhängig welcher Nation – zusammenzubringen. Allein in unserer Kita haben ca. 50% der Kinder einen Migrationshintergrund. Wir kümmern uns um Kinder aus 16/17 verschiedenen Nationen. Deshalb wollten wir uns dem Thema näher widmen.
Agnes:
Ich selbst bin vor 18 Jahren mit meinen Eltern aus Polen eingewandert und verstehe die Situation der Kinder, die hier in einer ihnen völlig fremden Kultur Anschluss finden müssen. Als mich Conny vor ca. 2-3 Jahren angesprochen hat, ob ich nicht an einem interkulturellen Arbeitskreis teilnehmen möchte, sagte ich begeistert zu. Dieser fand alle 3 Monate statt. Aber tatsächlich die Arbeit als interkulturelle Fachkräfte aufgenommen haben wir erst seitdem Jenny letztes Jahr im September hinzugekommen ist und im Dezember ihr Interesse bekundet hat. Seitdem geht es voran.
Jenny:
Das Thema war mir sehr wichtig, denn wir werden ja tagtäglich damit konfrontiert. Es beginnt bereits bei Kleinigkeiten wie einem Aufnahmegespräch. Für viele stellt das kein Problem dar, allerdings nur, wenn keine sprachliche Barriere besteht. Wenn dich die Eltern aber schlichtweg nicht verstehen, was dann?
Agnes:
Außerdem nimmt man viele Dinge, die für die Kinder völlig fremd sind, als selbstverständlich. Beispielsweise fragen wir jedes Kind nach Weihnachten, was es denn schönes geschenkt bekommen hat, ohne uns Gedanken darüber zu machen, dass manche gar kein Weihnachten feiern. Aber was das Zuckerfest ist oder warum man an Ramadan fastet, darüber wissen wir nichts. Wir sind der Meinung, dass man sich nur öffnen kann, wenn man eine Kultur kennt und Offenheit ruft auch Offenheit beim Gegenüber hervor. Und daran müssen wir arbeiten.
Jenny:
Momentan ist das Thema „Flüchtlinge“ und für uns damit „Flüchtlingskinder“ ja groß. Wenn wir es nicht jetzt angehen, wann dann? Es kommen Kinder zu uns, die in ihrem kurzen Leben viel erlebt haben. Gerade gestern hatte ich ein sehr emotionales Aufnahmegespräch mit einer Flüchtlingsfamilie. In dieser Situation wurde mir nochmals klar vor Augen geführt, wie dringend unser Nachholbedarf ist.
Yordanos:
Was wollt ihr in Zukunft konkret tun, um den Kindern und Eltern die Aufnahme, das Verständnis und das gemeinsame Miteinander zu erleichtern?
Jenny:
Wir haben verschiedene Ideen, die wir bald umsetzen werden. Zunächst einmal muss ganz dringend ein Bilderordner für die Aufnahmegespräche erstellt werden. Es beginnt schon mit den Dingen, die die Eltern dem Kind am ersten Tag mitgeben müssen, wie etwa Wechselkleidung oder Hausschuhe. Das lässt sich bildlich gut erklären.
Agnes:
Einen interkulturellen Kalender, der alle Festtage aufzeigt, haben wir schon. Dann kann man auch die Tage verfolgen, die für einige unserer Kinder wichtig sind.
Jenny:
Und 1-2 Mal im Jahr soll ein interkulturelles Fest stattfinden, zu dem jeder eingeladen ist, Speisen aus seinem Heimatland mitzunehmen.
Agnes:
Außerdem soll einer von uns beiden als Ansprechpartner bei Aufnahme von Flüchtlingskindern mit hinzugezogen werden, so dass eine vertraute Person immer dabei ist.
Yordanos:
Könnt ihr mir kurz erläutern, an wen sich eure Arbeit denn richtet? Eher die Kinder oder deren Eltern? Denn mir scheint es als lebten sich Kinder im Gegensatz zu den Eltern schnell ein.
Agnes/Jenny:
Ja, das stimmt! Kinder lernen wahnsinnig schnell und haben auch kaum Schwierigkeiten. Kinder brauchen keine Sprache. Sie verständigen sich auch mit Händen und Füßen.
Jenny:
Der Fokus liegt auf den Kindern. Allerdings kommt man ohne die Eltern nicht an die Kinder ran.
Agnes:
Das erleben wir immer wieder an den Elternabenden. Thema sind immer die Kinder und ihre Bedürfnisse, aber leider besuchen kaum Eltern, die sprachliche Probleme haben, die Elternabende.
Yordanos:
Was wären eure Wünsche in Bezug auf eure Tätigkeit?
Agnes (lacht):
Dass alle Eltern aller Nationen zum Elternabend kommen!
Jenny:
Ein Elternbrief in allen Sprachen!
Diese bescheidenen Wünsche werden sich sicherlich bald erfüllen! 🙂
Dieser Beitrag wurde verfasst von Yordanos Sium für die Kita-Zeitschrift Wirbelwind Nr. 57.
Wirbelwind Nr. 58 wird voraussichtlich im KW 28/29 erschienen.